Das Straßenmagazin
Die Rückkehr der Rollerdisco, Dirk von Lowtzow taucht auf, Ankommen am Borsigplatz, ein Pollock zum Mitnehmen, Streuselkuchen im Oldtimerbus, Stress in der Notschlafstelle, Saisonstart der Nordstadtliga, wie Obdachlosigkeit endet uvm. ‑ das Straßenmagazin im Mai.
Ein Archiv des vergangenen Jahres:

Die besten Geschichten auf der Straße - Das Straßenmagazin

Mit einer kleinen Redaktion aus Journalistinnen und Journalisten, unterstützt von freiberuflichen FotografInnen und AutorInnen erstellen wir mit Herzblut und Haltung ein Monatsmagazin für die Region: Porträts, Reportagen, Interviews – Kultur, Soziales, Geschichten von hier. Seit Februar 1995 setzt bodo mit inzwischen über 100 sozialen Straßenmagazinen weltweit auf einen ungewöhnlichen „Hebel“ in der Wohnungslosenhilfe: auf ein journalistisches Produkt.
bodo gibt es nur auf der Straße. Verkauft wird es von Menschen in Wohnungslosigkeit und Armut, die in tiefen Krisen ihr Leben wieder selbst in die Hand nehmen. Mit einer Arbeit auf Augenhöhe und einem Magazin, das seinen Preis wert ist.
Wer Verkäufer des Straßenmagazins werden will, muss sich zur Einhaltung unserer Regeln verpflichten. Wir erstellen einen Verkäuferausweis und suchen gemeinsam einen Verkaufsplatz aus. Wir stellen die rote Verkäuferkleidung und geben zehn Magazine zum Start. Wer weitermachen möchte, kauft in unseren Ausgabestellen in Bochum, Dortmund, Witten und Hagen Magazine für 1,25 Euro und verkauft sie auf der Straße für 2,50 Euro.
Von Nothilfe bis Neuanfang - Soziale Arbeit bei bodo

Wer zu uns kommt, lebt auf der Straße, in schwierigen Wohnverhältnissen oder hat Angst, die eigene Wohnung zu verlieren. Wir sind konfrontiert mit Sucht- und psychischen Erkrankungen, vor allem aber mit einem Mangel an Hoffnung. Die meisten Menschen, die zu uns kommen, glauben nach Krisen und Niederlagen, nicht mehr daran, dass sie ihre Lage aus eigener Kraft verbessern können.
Mit dem sozialen Straßenmagazin haben wir ein Angebot gegen die Resignation. Vorrangig geht es darum, selbstbestimmt etwas Geld dazuzuverdienen – durch eigener Hände Arbeit. Wer auf der Straße lebt und wer erlebt, dass es nicht einmal für das Nötigste reicht, für den ist die Chance eines kleinen Zuverdienstes ein Ausweg.
Tatsächlich geht es aber um viel mehr. Neues Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten wächst durch eigenes Handeln. Und durch eine Arbeit auf Augenhöhe. bodo-Verkäufer haben etwas anzubieten, sie betteln nicht. Für bodo-Verkäuferinnen und -Verkäufer ist die neue Aufgabe, die neue Rolle und der neue Mut ein Anstoß, sich gemeinsam mit uns den großen und kleinen Problemen zu stellen: den persönlichen Krisen, der ungeöffneten Post, den Konflikten mit Vermietern, Ämtern, Behörden. Wir beraten und begleiten, oft im Verbund mit Fachstellen und anderen Akteuren der Wohnungslosenhilfe.
Unsere Anlaufstellen stehen jedem offen. Hier gibt es ein kostenloses Frühstück, Computer zur freien Benutzung, ein großes Angebot an warmer Kleidung und an Schlafsäcken. Sie sind Orte für die Beratung, aber auch zum Aufwärmen, zum Ausruhen und zum Austausch. Auf regelmäßigen Touren versorgen wir Obdachlose mit „Kaffee und Knifte“, Schlafsäcken und Hygieneartikeln. Gleichzeitig betreuen wir Menschen in Notwohnungen und begleiten sie bis zum eigenen Mietvertrag und darüber hinaus. Von Nothilfe bis Neuanfang.
Stadt von unten - Soziale Stadttouren und Vorträge

Als Organisation sind wir angetreten, aufzuklären über die Problemlagen Wohnungsloser, Ressentiments abzubauen, die versteckte Not sichtbar zu machen, eine Lobby zu sein. Mit mehr als 100 Veranstaltungen pro Jahr informieren und werben wir für ein Engagement für die Menschen am Rand. Wir stellen Kontakte her, lassen Betroffene erzählen und versuchen zu zeigen, wie schnell es gehen kann, dass aus einem geordneten Leben eines auf der Straße werden kann. Wir sprechen in Schulen, Kirchengemeinden, in politischen Gremien und bei Demonstrationen, mit Studierenden, mit JournalistInnen.
Und wir bieten soziale Stadtführungen in Bochum und Dortmund an: Wie verbringen eigentlich Menschen auf der Straße ihren Tag? Wo halten sie sich auf, welche Angebote und Hilfen gibt es? Wie sieht die Stadt aus der Sicht der „Menschen am Rand“ aus? Entlang dem Tagesablauf eines Menschen ohne Wohnung besuchen die Stadtführer Orte und Einrichtungen, beschreiben eigene Erfahrungen und liefern Informationen zu den Hilfe- und Selbsthilfenetzen in der Stadt. Übernachtungsstellen, Suppenküchen, Tageseinrichtungen liegen auf dem Weg. Auf dem zweieinhalbstündigen Rundgang werden die Teilnehmer nicht zu Voyeuren, sondern geraten ins Staunen über die unbekannte Seite ihrer Städte, über das Erfahrungswissen der Stadtführer und nicht zuletzt über das Ausmaß an Engagement und Solidarität.
Die bodo-FAQ: Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum?
Zurzeit sind es rund 180 Verkäuferinnen und Verkäufer, ein Viertel davon sind Frauen. Sie sind wohnungslos oder von Wohnungslosigkeit bedroht, haben bereits auf der Straße gelebt oder befinden sich in sozialen Notlagen.
EU-Neuzuwanderer sind meist mit ihren Familien auf der Suche nach Arbeit ins Ruhrgebiet gekommen. Viele sind von staatlichen Leistungen ausgeschlossen und leben in existenzieller Not. Hier geht es weniger um das Auffangen psychischer und sozialer Krisen, sondern um Integrationshilfe. Der Verkauf hilft den Familien, Obdachlosigkeit zu vermeiden, bis andere Arbeitsmöglichkeiten gefunden sind. Wir haben die Zahl der Plätze begrenzen müssen, um eine Verdrängung unserer bisherigen Zielgruppen zu vermeiden.
Glücklicherweise nicht. Unser Ziel ist es, Obdachlosigkeit zu beenden, und besser noch: zu verhindern. Zu uns kommen auch Menschen, die Angst haben, ihre Wohnung zu verlieren, die unter prekären Bedingungen und in ungesicherten Wohnverhältnissen leben. Auf der anderen Seite bleiben ehemals Obdachlose, die wir in Wohnraum begleitet haben, oft noch bei uns, denn das Dach über dem Kopf löst einige, aber nicht alle Probleme.
Es kommt es vereinzelt vor, dass Verkäufer trotz Verbots Magazine an Menschen ohne Verkäuferausweis weitergeben. Wir wollen aber, dass Menschen, die bodo verkaufen, unsere Angebote wahrnehmen und für uns erreichbar sind. Andererseits wird das Modell der sozialen Straßenmagazine kopiert, um auf Kosten armer Verkaufender private Gewinne einzustreichen. Schein-Straßenmagazine wie „Straßenträumer“ oder „Sparsam lesen“ setzen auf die Verwechslung mit den Etablierten.
Jeder Verkäufer soll gut sichtbar seinen Verkäuferausweis mit Foto und Verkäufernummer tragen. Darüber hinaus hat jeder rote bodo-Verkäuferkleidung erhalten, die jedoch nicht immer getragen wird.
Jeder neue Verkäufer erhält zehn Magazine zum Start. Alle weiteren kauft er für 1,25 Euro und verkauft sie für 2,50 Euro weiter. Jeder kann selbst entscheiden, wieviel und wann er arbeitet. Ein Modell, das am besten zu den schwierigen Ausgangssituationen der Menschen passt, die zu uns kommen. Wir beobachten, dass Verkäufer sich so Stück für Stück Struktur und Stabilität selbst erarbeiten.
Ja. Wer staatliche Unterstützung erhält, muss seinen Verdienst angeben. Oft werden die Einkünfte als Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege nicht als Einkommen angerechnet.
Bei manchen ist es ein kleiner Zuverdienst neben Hartz IV, einzelne Verkäufer, die keine Leistungen erhalten, verkaufen deutlich mehr. Die meisten Verkäufer liegen im Bereich der Zuverdienstgrenzen, um die 100 Euro im Monat.
Unser Ziel ist, dass über die positiven Erfahrungen beim Verkauf und begleitende Beratung die Verkäufer so gestärkt werden, dass klassische Arbeitsverhältnisse (wieder) möglich werden –in unseren eigenen Arbeitsbereichen, unterstützt durch unsere Bewerbungshilfe oder vermittelt durch Kunden des Straßenmagazins.
Wir bieten in unseren Anlaufstellen täglich Sozialberatung, vermitteln Hilfen und unterstützen im Umgang mit Ämtern. In Bochum und in Dortmund gibt es ein kostenloses Frühstücksangebot. Wir organisieren Freizeitaktivitäten und machen Krankenhaus- und Gefängnisbesuche. Wir unterstützen bei der Wohnungssuche, helfen bei der Ersteinrichtung, transportieren Möbel und Hausrat und betreuen neu in Wohnraum gekommene Obdachlose. Wir machen Verkaufsplatzbesuche und Versorgungstouren zu Schlaf- und Aufenthaltsplätzen.
Jeder Verkäufer soll seinen Ausweis sichtbar tragen, Alkohol und Drogen sind beim Verkauf tabu, verkauft werden darf nur auf dem eigenen, eingetragenen Verkaufsplatz. Verkäufer sollen sich untereinander solidarisch verhalten und so, dass sich Kunden nicht gestört fühlen.
Wo sich die Verkaufsplätze im öffentlichen Raum befinden, ist keine weitere Genehmigung nötig. Auf Privatgelände, etwa vor Supermärkten, holen wir die Erlaubnis der Marktleitung ein.
Bitte nicht. Die meisten Verkäufer lehnen eine Spende nicht ab. Viele sind aber stolz darauf, etwas zu verkaufen und keine Almosenempfänger zu sein. Ein bodo-Mitarbeiter formulierte es so: „Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in einer Bäckerei. Jemand kommt rein, drückt ihnen einen Euro in die Hand und sagt: ,Ich hab gar keinen Hunger, alles Gute.‘ Das wäre doch seltsam, oder?“ Es sind die Erfolgserlebnisse beim Verkauf, die das Vertrauen in die eigenen Kräfte stärken.