Mit einem strahlenden Sieger ist bei Pro7 gestern Abend die aktuelle Staffel von „Wer stiehlt mir die Show“ zu Ende gegangen. Musiker Bill Kaulitz hat das große Finale der Spielshow mit Millionenpublikum für sich entschieden und ziert seit heute das Cover des showeigenen Rätselheftes. Anders als sonst gibt es das Heft diesmal aber nicht am Kiosk, sondern in Kooperation mit mehreren deutschen Straßenmagazinen nur auf der Straße! Auch die rund 180 bodo-VerkäuferInnen haben das Rätselheft ab heute dabei.
An fünf Tagen in der Woche ist die Anlaufstelle neben dem bodo-Buchladen in der Bochumer Königsallee 12 geöffnet. Viele Gäste kommen zuerst nur auf einen Kaffee. Dass es um viel mehr geht, merkt man schnell, wenn man einen Vormittag in der „Zwölfeinhalb“, wie die meisten Gäste die Anlaufstelle nennen, verbringt.
In der Debatte um Obdachlosigkeit in Dortmund ist derzeit vor allem der Westenhellweg und sein Umfeld im Blick. Doch auch neben der Einkaufszone erleben Obdachlose, dass sie unerwünscht sind, berichten von Vertreibung und der Erfahrung, Ruhe nur dort zu finden, wo man nicht mehr sichtbar ist. Die Obdachlosigkeit, die man sieht, scheint es, soll in Dortmund vor allem ordnungspolitisch gelöst werden.
Janita Juvonen schreibt und bloggt, spricht vor Schulklassen, diskutiert auf Podien und führt Gruppen auf Stadttouren durch ihre Heimatstadt Essen. Immer geht es dabei um Obdachlosigkeit, immer weniger um ihre eigene Biografie.
Mit scheinbarer Klarheit verkündet die Stadt Dortmund: „Niemand muss draußen schlafen, wenn er dringend Hilfe benötigt.“ Für einen großen Teil der Betroffenen besteht diese Hilfe jedoch in der Unterstützung beim Verlassen der Stadt. Wer die ausschlägt, gilt als freiwillig obdachlos. Ein erheblicher Teil der sichtbaren Obdachlosigkeit in Dortmund besteht aus Menschen ohne Zugang zu Notschlafstellen. Alle PraktikerInnen wissen das, alle Obdachlosen auch. Die Öffentlichkeit soll es nicht wissen. Aber warum eigentlich?
An fünf Tagen in der Woche ist die bodo-Anlaufstelle in der Dortmunder Schwanenstraße geöffnet. Sie ist nicht nur Ort für Beratungsgespräche, sondern auch Tagesaufenthalt, Poststelle, Internetcafé, Ausgangspunkt der bodo-Versorgungstouren durch die Innenstadt und Ausgabestelle des Straßenmagazins.
Eine gelernte Forschungstaucherin als Museumsleiterin, ein begnadeter Entertainer als Pop-Inspirator, eine mutige Ärztin, eine Dortmunder Ikone, Amsterdamer HausbesetzerInnen, demonstrierende Bochumer Einbürgerungswillige uvm. – das Straßenmagazin im Februar.
Im Jahr 2019 begann der Verein Vringstreff e. V. in Köln mit seiner Housing-First-Initiative. Dr. Kai Hauprich war von Anfang an als Projektleiter dabei. Der stellvertretende Geschäftsführer des Vereins hat in den letzten drei Jahren Fördergelder beantragt, Stellen geschaffen und letztlich 14 Menschen, die zuvor obdachlos waren, in Wohnraum gebracht. Teilweise ein Kampf gegen Windmühlen, wie der 34-Jährige im Gespräch sagt. „So ist das bei Innovationen. Das halten wir aus.“
Wie sieht die Stadt aus der Sicht der „Menschen am Rand“ aus? Wie verbringen Menschen auf der Straße ihren Tag? Welche Wege führen in die Obdachlosigkeit und welche hinaus? Auf gut zweistündigen Touren werden die Teilnehmer nicht zu Voyeuren, sondern geraten ins Staunen über die unbekannte Seite ihrer Städte, über das Erfahrungswissen der Tourguides und über Engagement und Solidarität.
Der Weg aus zurück in die eigenen vier Wände ist oft lang. Nach zwei Jahren ohne Wohnung und genau so langer Zeit in einer Wohneinrichtung hat Sascha endlich wieder einen eigenen Haustürschlüssel. Ein guter Grund für einen Besuch.