Angriff auf wohnungslose Frau: Gewalt ist Alltag
In Dortmund ist am Mittwoch eine wohnungslose Frau mit einer abgebrochenen Flasche attackiert und schwer verletzt worden. Ein Tatverdächtiger ist noch vor Ort in Gewahrsam genommen und mittlerweile in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Gewalt gegen wohnungslose Menschen ist Alltag.
Von Alexandra Gehrhardt

Die Wunden sind noch sichtbar, aber Katharina ist schon wieder an ‚ihrem‘ Ort. Man kennt sie hier an der Münsterstraße in der Dortmunder Nordstadt. Seit zwei Jahren hat sie hier ihren Schlafplatz. Immer wieder kommen Menschen, die in der Nähe arbeiten, vorbei, fragen: „Wie geht es dir? Brauchst du was?“
Am Mittwoch ist die 57-Jährige von einem Mann angegriffen und schwer verletzt worden. „Er hat vorher schon auf der anderen Straßenseite gestanden und mich beschimpft“, erzählt sie. Er habe auch gedroht, sie umzubringen. Dann habe er sie unvermittelt geschlagen und mit einer abgebrochenen Glasflasche angegriffen. Die Schnittwunden und Hämatome in ihrem Gesicht zeugen davon, eine Schnittwunde am Hals ist verbunden. Der Mann wurde noch vor Ort festgenommen.
Es war nicht der erste Angriff auf Katharina. Schon vor ein paar Tagen hätten Jugendliche sie beschimpft und bestehlen wollen. „Da konnte ich mich mit meinem Stock wehren und dann hat auch jemand gerufen, dass er mich in Ruhe lassen soll.“
„Ein politisches Tatmotiv gibt es nicht“, sagt der zuständige Staatsanwalt Carsten Dombert zum Angriff von Mittwoch. Denn der mutmaßliche Täter sei seelisch schwer erkrankt, aus der Erkrankung heraus sei auch der Angriff erfolgt. Der Dortmunder sei daher jetzt in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht worden. „Es hätte jeden treffen können“, so Dombert. Trotz des heftigen Angriffs sei die Betroffene relativ glimpflich davon gekommen. „Es hätte schlimmer ausgehen können.“
Gewalt gegen Wohnungslose ist Alltag. Sie reicht von Beleidigungen oder Bedrohungen über Diebstahl, Raub und Totschlag oder Mord, meint aber auch die Vertreibung Wohnungsloser aus dem öffentlichen Raum oder den Ausschluss von öffentlicher Infrastruktur. „Die Gewalt geht dabei von Tätern aus verschiedenen Schichten der Gesellschaft aus, darunter auch von Tätern, die selber wohnungslos sind. Auch rechtsextreme Gewalt gegen wohnungslose Menschen ist ein andauerndes Phänomen“, so die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Die BAG W fordert seit Langem Konzepte zur Prävention und Nachsorge, sowie die konsequente Strafverfolgung von TäterInnen.
Im öffentlichen Raum können Wohnungslose sich vor Angriffen nicht schützen. Was schützt, ist eine eigene Wohnung, eine Tür, die man schließen kann.