Menü Schließen

„Das ist so etwas wie mein Wohnzimmer“

An fünf Tagen in der Woche ist die bodo-Anlaufstelle in der Dortmunder Schwanenstraße geöffnet. Sie ist nicht nur Ort für Beratungsgespräche, sondern auch Tagesaufenthalt, Poststelle, Internetcafé, Ausgangspunkt der bodo-Versorgungstouren durch die Innenstadt und Ausgabestelle des Straßenmagazins.

Von Sebastian Sellhorst

Bereits kurz bevor die Schwanenstraße um zehn Uhr öffnet, stehen die ersten Gäste vor der Tür. Einer von ihnen ist Milan. „Ich bin eigentlich fast jeden Tag hier“, erzählt der 30-Jährige, während er seinen großen Militärrucksack in einer Ecke abstellt, sein Handy an eine freie Steckdose anschließt und sich auf die Couch am Fenster setzt. „Nach einer Nacht draußen freust du dich, wenn du endlich ins Warme kommst und es einen heißen Kaffee gibt.“ Die Kaffeemaschine und der Sandwichtoaster, der mittlerweile gegen ein professionelles Modell getauscht wurde, laufen in der kleinen Teeküche fast durchgehend. Die warmen Käse- und Salamisandwiches erfreuen sich großer Beliebtheit.

„Seit Anfang des Jahres ist unsere Anlaufstelle auch Poststelle“, erzählt bodo-Sozialarbeiter Lutz Rutkowski, als er zwischen zwei Beratungsgesprächen kurz durch den Gastraum läuft. „Wer auf der Straße landet, verliert damit auch seine Postadresse, die ist aber unerlässlich, wenn man etwas mit Behörden regeln will.“ Für viele sei das Öffnen von Briefen sehr angstbehaftet. „In der Regel ist es keine nette Post, die unsere Gäste hier bekommen. Daher machen viele Ihre Briefe sowieso lieber gemeinsam mit uns auf und schauen, was ansteht.“Bereits um 11 Uhr sind alle Plätze im vorderen Aufenthaltsraum belegt. bodo-Verkäufer holen am Tresen die aktuelle Ausgabe des Straßenmagazins, und auch in der Küche wird es jetzt eng. Jeden Vormittag startet in der Schwanenstraße die „Kaffee und Knifte“-Versorgungstour durch die Innenstadt. Täglich wird der Handwagen mit allem, was auf den Touren gebraucht wird, neu bestückt: Kaffee, Tee, Süßigkeiten, heiße Terrinen, Hygieneartikel und Schlafsäcke. „Viele Leute, die wir erst nur auf der Straße getroffen haben, sehen wir jetzt regelmäßig hier“, erzählt Sophia, während sie Käse- und Wurstbrote schmiert und in den umgebauten Postwagen packt. Zweimal die Woche ist die Studentin ehrenamtlich bei der Versorgungstour dabei.

Milans Handy ist mittlerweile geladen. Er hat sich ins WLAN eingewählt und surft im Internet. Wer kein eigenes Handy hat, nutzt den öffentlich zugänglichen Computer. „Du bekommst ja alle Informationen nur noch im Internet, seien es Öffnungszeiten von Behörden oder Wohnungsinserate“, erzählt er. Er wird heute in der Schwanenstraße bleiben, bis sie um 17 Uhr schließt. Warum, da muss er nicht lange überlegen: „Orte, an denen du in den Tag verbringen kannst, ohne Geld auszugeben, gibt es eigentlich nicht. Daher ist das hier so etwas wie mein Wohnzimmer.“