„Kein Geld zu haben heißt nicht, keinen eigenen Kleidungsstil zu haben“
Seit 2016 versorgt ein großes Team von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern zusammen mit Mitarbeitern von bodo in der Bochumer Kleiderkammer Menschen mit dem Nötigsten. Wir waren in Altenbochum zu Besuch und haben einen kleinen Blick hinter die Kulissen geworfen.
Text und Fotos: Sebastian Sellhorst

Als wir an einem Montagmorgen an der ehemaligen Schulmensa ankommen, in der jetzt die Kleiderkammer untergebracht ist, herrscht dort schon reges Treiben. Vor der Tür warten bereits ein Dutzend BesucherInnen auf Einlass, während im Inneren alles vorbereitet wird. Kleidung, Schuhe, Handtücher, Bettbezüge und das Nötigste für eine Wohnungserstausstattung werden heute neue Besitzerinnen finden.
Damit das alles reibungslos funktioniert, ist ein großes Team ehrenamtlicher HelferInnen drei Mal pro Woche im Einsatz, sichtet gespendete Kleidung, um sie dann nach Größen und Farben getrennt in die unzähligen Regale und auf Kleiderständer zu sortieren. In der „Herrenabteilung“, dem ersten großen mit Schränken und Regalen abgetrennten Bereich des Flachbaus, treffen wir Heidi. Seit sie ihren eigenen Kleiderschrank aussortiert hat, ist sie mit dabei. Ihr Engagement beschränkt sich nicht nur auf die Kleiderkammer. Auch im bodo-Buchladen, bei den bodo-Versorgungstouren durch die Innenstadt und in der Anlaufstelle ist sie aktiv.

„Einmal die Woche bin ich hier“, erzählt sie uns, während sie stoisch einen großen Berg Handtücher faltet. „Wir haben hier mittlerweile einen enormen Durchsatz, da muss schon viel sortiert werden, damit hier nichts ins Stocken gerät“, erzählt sie. Mittlerweile sei sie aber auch ein bisschen zur Modeberaterin aufgestiegen, scherzt sie. „Nur, weil jemand vielleicht gerade nicht das Geld hat, um sich in einer Boutique einzukleiden, heißt das ja nicht, dass er oder sie nicht auch einen eigenen Kleidungsstil hat. Bei vielen kenn‘ ich den schon ein bisschen und auch die Größen. Das ist immer klasse, wenn man dann mit einem Handgriff direkt etwas findet, was den Leuten gefällt.“ Ein Konzept, das funktioniert. Wir haben kaum eine Minute mit bodo-Verkäufer Mihai über die aktuelle Ausgabe des Straßenmagazins geredet, schon ist er mit einer neuen Hose und Winterschuhen versorgt.

Während im großen Innenhof immer wieder Autos von Spenderinnen und Spendern in Empfang genommen werden, gehen wir einen Raum weiter in den Bereich für Damen- und Kinderkleidung. Hier legt Mona Kinderhosen farblich sortiert zusammen. 2016 ist sie aus Syrien nach Bochum gekommen und hat sich selbst in der Kleiderkammer mit dem Nötigsten versorgt. Mittlerweile ist sie fester Bestandteil des Ehrenamtsteams. „Ich hätte mir damals keinen besseren Deutschkurs wünschen können, als hier mit den Leuten zu reden“, erzählt sie von ihren Anfängen. Die Zahl der NutzerInnen sei seitdem stetig gestiegen. Seit März dieses Jahres sind viele Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg geflohen sind, dazu gekommen. Im Schnitt 70 Menschen nutzen das Angebot pro Öffnungstag.

Zugangsbeschränkungen gibt es für die Kleiderkammer nicht, erzählt Georg, der das Projekt vor sechs Jahren ins Leben gerufen hat und der neben der Arbeit in der Kleiderkammer auch bei Behörden und Ämtergängen hilft. „Wenn jemand etwas braucht, versuchen wir zu helfen“, erzählt er. An manchen Tagen sei aber die Grenze, von dem, was in den Räumlichkeiten logistisch leistbar sei, sehr nah. Viel Zeit nähme aktuell das Überwinden von Sprachbarrieren in Anspruch. „Entweder man findet eine gemeinsame Sprache oder wir behelfen uns mit Händen und Füßen“, erzählt er lachend, als er kurz Zeit findet, uns zu verabschieden „ Wenn beides nicht funktioniert, müssen wir halt mit dem Handy übersetzen, aber bis jetzt hat hier noch jeder das bekommen, was er braucht.“
Spendenannahme
Liebfrauenstraße 10, 44803 Bochum
(Zugang über die Einfahrt neben Hausnummer 8)
Mo 10 – 13 Uhr
Do 18 – 19:30 Uhr
Sa 10 – 12 Uhr
Immer gesucht sind Handtücher, Bettwäsche und zur Jahreszeit passende Herrenkleidung. Wer ehrenamtlich mithelfen möchte, ist herzlich eingeladen, sich per Mail an ehrenamt@bodoev.de zu wenden.