Winter mit Sorge
Der Winter kommt – und mit ihm die Sorge, wie teuer Einkauf und Heizen wohl werden. Die Vielzahl von Krisen stellt vor allem Menschen mit niedrigen Einkommen vor Existenzfragen. Auch für die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe ist das eine Herausforderung: Bei ihnen werden viele Betroffene ankommen.
Von Alexandra Gehrhardt

„Natürlich merken wir, dass die Schlangen länger werden“, sagt Martina Kurek vom Herzensbus der Malteser. Dreimal pro Woche fährt das Team abends durch die Dortmunder City und versorgt Wohnungslose mit heißen Suppen und Nötigem. Was sie beobachtet, merken gerade viele Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe. Längst ist die Krise auf der Straße angekommen, und sie trifft, wieder, nicht alle gleich. So wie Obdachlose von Corona besonders betroffen waren, weil „Stay at Home“ sie ausklammerte, trifft auch die Inflation sie früher und härter. Wer nur ein paar Euro für den Tag hat, spürt 50 Cent mehr für Brot und Wurst sofort.
„Wir haben nicht nur mehr Kontakte, sondern auch neue – auch Menschen mit Wohnung, die aber einen Kaffee oder ein Brot mitnehmen, weil sie es sich nicht leisten können“, sagt bodo-Sozialarbeiter Lutz Rutkowski. „Dazu kommt“, sagt Katrin Lauterborn, Geschäftsführerin des Gast-Haus, „dass in unserer Sozialberatung mehr Menschen ankommen, oft auch, weil sie nicht wissen, wo sie sonst fragen sollen.“ Die Fälle drohender Zwangsräumungen häuften sich, so Lauterborn. Die Entlastungspakete der Bundesregierung sollen zwar die größten Notlagen auffangen – ein Schutz vor Kündigungen oder Energiesperren ist darin bisher nicht zu finden.
Die ökonomische Krise trifft auf Einrichtungen, die gerade im Winter auch Orte zum Ausruhen, Aufwärmen und Schutzräume sind, und die angesichts der wieder Fahrt aufnehmenden Pandemie immer noch darauf achten müssen, ihre vulnerablen Gäste zu schützen. „Wir haben wieder so viele Gäste wie vor Corona“, sagt Colin Fischer von der Kana Suppenküche am Dortmunder Nordmarkt, „können aber nicht so viele Leute reinlassen. Wir können gerade nicht abschätzen, wo es hin läuft.“ Zur Arbeit der Einrichtungen gehört nun, Kapazitäten für den Winter zu schaffen; auch bodo wird seine Öffnungszeiten in den Anlaufstellen und seine Hilfen ausweiten. Was bleibt: Nach fast drei Jahren Pandemie wird es ein schwieriger und unsicherer Winter – erneut.