Unterkünfte und Corona: Sicherheit gegen Zugänglichkeit
Eigentlich sollen Testkonzepte in Obdachlosenunterkünften verhindern, dass einzelne Infizierte große Ausbrüche verhindern. Die Umsetzung ist kompliziert, es bleiben Fragen. Doch nicht die Tests sind das Problem, sondern das Festhalten an Sammelunterbringung in der Pandemie. Ein Kommentar.
Von Alexandra Gehrhardt

150 obdachlose Menschen mussten Mitte April in Hamburg in Quarantäne, weil es einen Sars-CoV-2-Ausbruch in einer Unterkunft des Winternotprogramms gegeben hat. In Münster infizierten sich in einer Obdachlosenunterkunft über 40 Untergebrachte und mehrere Mitarbeiter. Ein dort Untergebrachter starb.
Strategische Testungen sollen helfen, Ausbrüche wie diesen in Sammelunterkünften zu verhindern. Die Corona-Testverordnung NRW legt auch für Obdachlosenunterkünfte fest, wer und wie getestet wird und wie Quarantäne organisiert sein soll. Für BenutzerInnen und Beschäftigte sind einmal pro Woche Schnelltests vorgesehen. Wer in einer Unterkunft neu aufgenommen werden will, muss ein höchstens 48 Stunden altes negatives PCR-Testergebnis vorlegen, bei Wiederaufnahmen ist ein Schnelltest vorgesehen.
Die Umsetzung in Dortmund: Wer einen Schlafplatz sucht, bekommt an der Unterkunft eine Bescheinigung zum Testen. Bis das Testergebnis da ist, läuft die Unterbringung in der Quarantäneunterkunft Haus Syburg. Wer krankenversichert ist, kann für den Test zur Hausärztin. Wie die Regelung für Unversicherte ist, war am Freitag noch offen.
Damit ist für Kommunen, die zur Unterbringung verpflichtet sind, der Grat zwischen Sicherheit und Zugänglichkeit der Angebote schmal. Das Verfahren ist kompliziert, birgt die Gefahr, dass Menschen, wenn sie in einen komplizierten Testprozess geschickt werden, nicht wiederkommen und lieber draußen bleiben. Eine Unterkunft ist kein Gefängnis, Menschen sind tagsüber unterwegs und könnten sich unbemerkt anstecken. Dass sie den Virus nicht nachts im Mehrbettzimmer weitergeben, und dass Unterkunftsbetreiber das sicherstellen, ist in der Logik nur folgerichtig.
Die Logik aber ist eine falsche. Denn nicht die Testungen sind das Problem, sondern die Mehrbettzimmer. Schon in normalen Zeiten sind Sammelunterkünfte problematisch eng, in der Pandemie trotz der bekannten Ausbrüche daran festzuhalten ist potenziell lebensgefährlich. Alternativen sind so bekannt wie vorhanden: Seit 13 Monaten fordern große Teile der Wohnungslosenhilfe, Obdachlose wenigstens für die Zeit der Pandemie in ohnehin leerstehenden Hotelzimmern unterzubringen, um so mögliche Hotspots gar nicht erst entstehen zu lassen. Ja, das kostet Geld, aber es könnte helfen, diejenigen, die zur Straße keine Alternative haben, zu schützen. Einzelunterbringung zu ermöglichen heißt nicht nur Menschenwürde zu wahren, sondern Leben zu retten.