Kein Dach über dem Kopf
Auch nach fast acht Monaten Pandemie findet Wohnungslosenhilfe zu großen Teilen draußen statt. Viele Anlaufstellen bleiben geschlossen, die, die öffnen, tun das meist mit großen Einschränkungen. Die Open-Air-Lösungen, mit denen viele über den Sommer gekommen sind, funktionieren nicht mehr, wenn es regnet, schneit und kalt ist.
Von Alexandra Gehrhardt

Es gibt kleine gute Nachrichten. Dass die Stadt Dortmund das temporäre Hygienezentrum für Wohnungs- und Obdachlose bis zum Jahresende verlängert hat, ist eine. Dass die Diakonie im Haus Wichern einen Tagesaufenthalt einrichtet, eine andere. In kleinen Schritten wagen Tafel, Aidshilfe und andere die Öffnung ihrer Angebote. Wie dauerhaft sie ist, hängt auch vom Verlauf der Pandemie ab und ist längst nicht flächendeckend. In Bochum startete die Suppenküche einen reduzierten Betrieb, der Tagesaufenthalt ist nur für Menschen zugänglich, die nachweislich obdachlos sind.
Und so finden große Teile der Wohnungslosenhilfe weiter draußen statt, dort, wo viele Betroffene seit Monaten sind. Wer die Essensangebote nutzen oder im Hygienezentrum duschen will, steht Schlange unter freiem Himmel. Auch die bodo-Teams in den Anlaufstellen arbeiten durchs Fenster.
Im Stadtraum wird zunehmend sichtbar, was die Einrichtungen trotz der gemeinsamen Anstrengungen der letzten Monate nicht auffangen können. In der Dortmunder Lokalpresse ärgerten sich zuletzt in mehreren Artikeln AnwohnerInnen und Gewerbetreibende über Bettelnde und Menschen, die ihre Habe in Höfen deponieren und in Gebüschen übernachten. Im „Stadtgespräch“ über die Zukunft der Innenstädte, das WDR 5 im September aus Dortmund sendete, beklagte Dirk Rutenhofer, Chef der Gewerbegemeinschaft Cityring, vor allem die Imagefolgen für Dortmund: Wenn man auf wenigen Hundert Metern zehnmal angebettelt werde, „ist das für eine Innenstadt schädlich“. Wie rapide sich Corona auf die physische und psychische Lage der Betroffenen ausgewirkt hat, war nicht Teil der Sendung.
Währenddessen steht der Winter vor der Tür, in dem die Open-Air-Lösungen des Sommers nicht mehr funktionieren. Wir sind weiter mit Hochdruck auf der Suche nach Orten, an denen sich Menschen coronakonform und wettergeschützt tagsüber aufhalten und Mahlzeiten zu sich nehmen können, im Trockenen und im Sitzen.